Einflussfaktoren auf den Blutzuckerverlauf

Bislang habe ich mich in meinem Blog hauptsächlich darauf konzentriert, zu erklären wie man Kohlenhydrate berechnet (Die Broteinheit ist kein deutscher Exportschlager) und dabei Fette und Proteine berücksichtigt (Fett-Protein-Einheit (FPE) – Insulinmengen-Berechnung für Fortgeschrittene), um mit dem richtigen Insulin (Diabetes für Fortgeschrittene -Wirkungsprofile von Insulin) den Blutzuckerwert im Normbereich (Was ist heutzutage schon normal? – Die Werte eines Stoffwechselgesunden) zu halten.

Für viele sollten das schon genügend Faktoren sein, die es im Umgang mit Diabetes zu berücksichtigen gilt. Allerdings beeinflussen so viele weitere kleine Dinge den Blutzuckerverlauf. Ich möchte daher diejenigen Faktoren auflisten, die man vielleicht nicht immer auf dem Schirm hat, wenn der Zuckerspiegel unkontrolliert steigt oder sinkt.

Was lässt den Blutzucker ansteigen?
  • Morgens aufstehen: Vor allem bei Menschen, die von jetzt auf gleich hochspringen, wenn der Wecker klingelt, kann das Aufstehen einen Anstieg auslösen. Es werden Hormone ausgeschüttet, die einen für die Senkrechte fitmachen sollen. Das Problem ist, dass dieses Phänomen noch viele Stunden anhalten kann. Gemächliches Aufstehen ist daher nicht immer verkehrt.
  • Dawn-Phänomen: Ebenfalls morgens (oft zwischen 3 und 6 Uhr) schüttet der Körper im Schlaf standardmäßig Hormone wie Kortisol, Adrenalin, Glukagon oder Wachstumshormone aus. Da Typ-1-Diabetikern das körpereigene Insulin zur Gegensteuerung fehlt, sind in diesem Zeitraum oft Anstiege der Blutzuckerkurve vor allem in der Pubertät zu beobachten.
  • Kaffee: Wer dann auch noch Kaffee trinkt, ist selber schuld. Zumindest bei manchen Diabetikern stört das Koffein den Glukosehaushalt, was wohl oft zu einem Anstieg der Werte führen kann.
  • Achterbahn fahren: Auch bei der Achterbahnfahrt werden Hormone wie Adrenalin oder Kortisol ausgeschüttet und lassen die Werte ansteigen.
  • Sportliche Wettkampfbelastung: Normalerweise lässt Sport die Werte ziemlich schnell sinken. Bei unbekannten Sportarten oder im Wettkampfmodus schüttet der Körper allerdings Stresshormone, wie z. B. Adrenalin, aus. Dieses sorgt dafür, dass der Körper über die Leber zusätzliche Glukose im Blut bereitstellt, um die Anstrengung zu meistern.
  • Schlafmangel: Zu wenig Schlaf kann den Insulinbedarf auf Dauer erhöhen.
  • Infektionen: Krankheiten wie z.B. eine Erkältung bringen die Glukosewerte durcheinander. Meistens führt das zu zu hohen Werten.
  • Medikamente: Nimmt man Medikamente wie Cortison wird die Insulinresistenz stärker und die Werte steigen ebenfalls, wenn die Faktoren nicht kurzzeitig angepasst werden.
  • Essensmenge: Isst man außergewöhnlich viele Kohlenhydrate auf einmal, ändert sich der Faktor. Es muss überproportional mehr Insulin gespritzt werden.
Wann besteht unerwartete Unterzuckergefahr?
  • Durchfall oder Magenschleimhautentzündung: Spritzt man in diesem Fall die normale Menge Insulin zum Essen, kann der Blutzucker unerwartet rasch absinken.
  • Massage: Durch die Entspannung bei einer Massage braucht der Körper weniger Insulin als im stressigen Alltag. Durch die fehlende Bewegung würde man eher das Gegenteil denken.
  • Muskelauffülleffekt: Auch lange nach der Sporteinheit kann der Blutzuckerwert noch sinken, denn der Körper füllt die beanspruchten Muskelpartien mit dem Zucker aus dem Blut auf, damit man für die nächste Einheit gewappnet ist.
  • Geschlechtsverkehr: Ja, Geschlechtsverkehr ist auch irgendwie Sport und kann zu nächtlichen Alarmen führen.
  • Alkohol: Der Alkohol stört die Glukoseausschüttung der Leber. So kann es sogar noch Tage nach einem feuchtfröhlichen Abend zu zu niedrigen Werten kommen. Vor allem nachts entsteht so eine ungeahnte Unterzuckergefahr.
  • Nachdenken: Momente, in denen man sich außerordentlich konzentriert oder über komplexe Sachverhalte philosophiert, können den Blutzuckerspiegel senken.
Was hat sonst noch Auswirkung auf den Blutzuckerspiegel?
  • Dehydrierung: Ist der Körper ausgetrocknet, wird das Insulin zunächst langsamer aufgenommen. Trinkt man später mehr, kann es plötzlich zu sehr niedrigen Werten kommen, da das Insulin dann doch noch wirkt.
  • Warmes Wetter: Durch die Hitze auf der Haut ist der Körper besser durchblutet und kann das Insulin besser aufnehmen. Die Hitze kann aber auch die Wirksamkeit von Insulin beeinflussen und somit zu zu hohen Werten führen.
  • Menstruation: Kurz vor der weiblichen Periode steigen der Östrogen- und Progesteronspiegel. Dadurch entsteht eine niedrige Insulinempfindlichkeit und der Körper benötigt mehr Insulin. Mit einsetzender Periode dreht sich das Bild.
  • Tageszeit: Auch wenn das zur Grundausbildung beim Diabetologen zählt, können unterschiedliche Faktoren (Insulinempfindlichkeit) je nach Tageszeit zur unerwarteten Herausforderung werden.

Wahrscheinlich habe ich jetzt noch nicht mal die Hälfte von möglichen Einflüssen aufgezählt. Auch äußern sich die Effekte bei jedem Mensch mit Diabetes anders. Gerne können mir andere Diabetiker schreiben, was bei Ihnen unerwartete Auswirkungen hat, dann kann ich die Liste ergänzen. Wer sich jetzt noch fragt, warum ein Schmetterling diesen Beitrag schmückt: Wie bei dem berühmten Butterfly-Effekt scheint fast jede Entscheidung im Alltag einen Einfluss zu haben.

Photo by Calvin Mano on Unsplash

5 Kommentare zu „Einflussfaktoren auf den Blutzuckerverlauf

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  1. Lieber Christian, zu deinem wieder interessanten Artikel fallen mir als „Außenseiter“ gleich einige weitere Einflussfaktoren ein, sozusagen von „jetzt auf gleich“. Na klar, alles was mit psychischer Belastung also Stress zu tun hat, besonders die sog. Daily Hazzles wie zum Beispiel das Ausgeliefertsein an die Deutsche Bahn AG, insbesondere an das infame, weil immer unzuverlässigere und marode, mit fast täglichen Zumutungen gespickte System der S-Bahnen (😉). Allen Ernstes aber sind die bekannten Belastungen der Berufspendler gemeint. Und aktuell und vor allem die vielfältigen psychosozialen Auswirkungen der Corona-Situation, die noch gar nicht gänzlich überschaubar und verstanden sind.
    Bei all dem und noch viel mehr bin ich froh, wenigstens nicht auch noch irgendeine Insulinausschüttung unter Kontrolle halten zu müssen. Beste Grüße, Alfred

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