In dieser Woche haben wir in unserer Wohnung gewerkelt. Als ich also nach längerer Pause das Smartphone wieder in die Hand nahm, waren zwei Anfrufe in Abwesenheit zu sehen und die Nachricht „Ruf mich mal bitte ganz dringend an … Wichtig …“ poppte auf. Etwas irritiert rief ich natürlich zurück.
Am anderen Ende der Leitung war ein Vereinskamerad, der leider auch Diabetes hat. Er erzählte leicht aufgeregt, dass er seinen letzten Insulinpen bei der Arbeit vergaß und nun im Restaurant um die Ecke um sein Abendessen fürchtete. „Hast du Apidra?“ war das erste, was über die Leitung kam. Bis ich begriff, dass es sich dabei um Insulin handelte, brauchte es einen kurzen Moment. Da ich seit jeher Humalog spritze, waren wir nun beide ratlos, ob ich ihm weiterhelfen könne oder nicht. Also beschäftige ich mich heute mit Insulinen.
Während das körpereigene Insulin auf die Sekunde genau da ist und auch nicht länger wirkt als es muss, muss man bei industriell hergestellten oder gewonnenen Insulinen unterscheiden wie sich die Wirkdauer, der Zeitpunkt der maximalen Wirkung und der Wirkungseintrittszeitpunkt verhält.
Humaninsulin wurde früher (1980er) vor allem aus Bauchspeicheldrüsen von Schweinen und Rindern gewonnen und es hat heute in seltenen Fällen auch noch seine Daseinsberechtigung. Das Insulin fängt nach 15-20 min an zu wirken und erreicht sein Maximum nach etwa zwei Stunden. Nach 4-6 Stunden (max. 8 Stunden) ist keine Wirkung mehr im Blut nachweisbar.
Beispiele sind: Actrapid, Insuman Rapid, Insulin B. Braun Rapid, Huminsulin Normal

Nicht nur aus Gründen des Tierwohls und um Kosten zu sparen, wurden analoge Insuline hergestellt, sondern auch um das Wirkungsprofil anzupassen. So ist es möglich, lang wirkendes Analoginsulin (Basal) herzustellen. Die Wirkung setzt erst nach etwa ein bis zwei Stunden ein und hält den Insulinspiegel über den gesamten Tag stabil. Der Grundbedarf an Insulin kann so gut abgedeckt und die Spritzhäufigkeit gering gehalten werden. Allerdings können Essensspitzen damit alleine nicht vermieden werden.
Beispiele sind: Toujeo, Abasaglar, Lantus, Levemir, Tresiba

Daher gibt es auch sehr schnelle und kurz wirkende Analoginsuline (Bolus). Man kann direkt zur Mahlzeit spritzen, denn die Wirkung tritt sofort ein. Nach einer Stunde ist das Maximum erreicht und nach spätestens vier Stunden wirkt es nicht mehr. Die Kombination aus analogem Basal- und Bolus-Insulin ist daher eine gängige Therapieform.
Beispiele sind: Humalog, Lispro, NovoRapid, FIASP, Apidra

Die einzelnen Kurven unterscheiden sich natürlich noch je nach Hersteller und es kann zu einem Sport werden, das für sich passende Insulin zu finden. Die Tatsache, dass die Menge an Insulin die Kurven ebenfalls variieren lässt, macht die Sache nicht einfacher. Aber ja, Apidra und Humalog sind jeweils Bolusinsuline, die ähnlich wirken.
Das Abendessen war gerettet.
Sehr informativ erneut: als Nicht-Insulinaner bin ich immer wieder erstaunt über die fragile Komplexität des Ganzen Systems. Habe ich bisher viel zu simpel gesehen. LG Alfred
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