Zwischen Erfahrungsaustausch und Technikbegeisterung: Mein Tag auf dem Diabetes-Barcamp 2024

Am 2. März 2024 fand in Frankfurt am Main das Diabetes-Barcamp „Loop your life: Dein Leben, Deine Kontrolle“ statt. Obwohl ich bisher nicht vorhatte, ein Loop-System auszuprobieren, war ich mehr oder weniger überraschend dabei.

Seit knapp vier Jahren kann ich mich bereits als „Mensch mit Diabetes“ bezeichnen und versuche, meine Erfahrungen ausschließlich in diesem Blog zu teilen. Der Nachteil dieses Formats besteht darin, dass es aus nachvollziehbaren Gründen eher einseitiger Informationsaustausch ist. Ich schreibe etwas, und mit etwas Glück wird der Beitrag auch von einigen interessierten Menschen gelesen. Leider werden meine Beiträge eher selten kommentiert, und mein direkter Austausch mit „Leidensgenossen“ blieb bislang, vor allem auch Corona-bedingt, sehr begrenzt.

Vor etwa drei Wochen geschah jedoch etwas Unerwartetes: Anne entdeckte meinen Blog und kontaktierte mich über LinkedIn. Anne freute sich, dass sie nun endlich ihre Werte auf dem Homescreen ihres Smartphones sehen konnte. Sie nutzte die Gelegenheit, mich auf ein Diabetes-Barcamp aufmerksam zu machen, das sie moderierte und das zufällig keine 30 Minuten von meinem Zuhause mit der S-Bahn zu erreichen war. Das war Grund genug, mal über meinen eigenen Tellerrand zu schauen und relativ spontan mehr Menschen mit Diabetes kennenzulernen.

Während ich in meinen ersten vier Jahren vielleicht mit zwei oder drei anderen Typ-1-Diabetikern sprechen konnte, traf ich nun an einem Tag knapp 100 „Typen“. Und tatsächlich hat jeder seine eigene Geschichte. Viele Herausforderungen und Erfahrungen kamen mir bekannt vor, aber es gab auch die ein oder andere überraschende Anekdote am Rande der Veranstaltung. So traf ich eine Frau mit Typ-1-Diabetes, deren Katze im Laufe der Zeit einen Typ-2-Diabetes entwickelte und teilweise sogar schon mit Sensor unterwegs war. Seit mehr als 10 Jahren wird ihr am Ohr der Zuckerwert gemessen, und sie bekommt morgens und abends Insulin gespritzt. Wie viel Glück kann eine Katze mit ihrem Frauchen haben?

Eine andere Frau teilte ihre Erfahrungen mit Adrenalin. Nach einem intensiven, sehr stressigen Gespräch mit ihrer Chefin hatte sie einen Wert von 350 mg/dl. Auch mit viel Insulin bekam sie ihn nicht wirklich in den Griff. Als sie nach dem Gespräch ihre Kinder mit dem Fahrrad abholen wollte, fiel der Wert binnen kurzer Zeit von 350 mg/dl auf 27 mg/dl, und sie lag im Feld. In einer Barcamp-Runde analysierten verschiedene Teilnehmer diese Situation. Kurz gesagt: Stress erzeugt Adrenalin, das die Andockstellen von Insulin blockiert, so dass es nicht wirkt – zumindest noch nicht. Wenn man sich wieder entspannt, entfaltet das Insulin auch nach langer Zeit dann noch die volle Wirkung. Kombiniert mit der sportlichen Tätigkeit musste es fast so enden. Auch wenn ich noch nicht in so einer Situation war, konnte ich aus dieser Session einiges mitnehmen, wenn ich mal wieder joggen gehe. Fürs Joggen selbst wurde unabhängig davon spontan eine Selbsthilfe-WhatsApp-Gruppe gegründet, von der ich sicherlich noch Gebrauch machen werde.

In einer anderen Session ging es um mein Lieblingsthema „Smartwatch“. Hier konnte ich mich nicht nur intensiver mit Sandy von Sandys Diabetes Loop über die unterschiedlichsten Formen der Anbindung austauschen, sondern wurde gleichzeitig Zeuge, wie spontan ein Podcast für die Zuckerjunkies aufgenommen wurde. Anschließend konnte ich dem Podcaster Sascha auch meinen Dank aussprechen. Seinen Podcast hörte ich nämlich intensiv in den ersten Tagen im Krankenhaus, und das hatte mir früh die Angst vor der Krankheit genommen. Die Diabetes-Konferenz hatte also auch einen kleinen „Promi“-Faktor, denn auch weitere aus YouTube und Spotify bekannte Gesichter fanden den Weg in die Stadt am Main.

Aber letztlich war es das Gefühl von Gemeinschaft, was die Magie dieses Treffens ausgemacht hat. Nirgendwo sonst in meinem alltäglichen Leben konnte ich bisher mit anderen beim Mittagessen darüber diskutieren, wie viele Kohlenhydrate wohl im Wrap und Kichererbsensalat seien. Wobei man bei so einem Event es durchaus auf das Buffet-Schildchen hätte schreiben können, aber das ist auch der einzige, nicht ganz ernst gemeinte Kritikpunkt an der Veranstaltung.

So freue ich mich schon jetzt auf die nächste Runde, die es laut den Veranstaltern von der Blood Sugar Lounge auf jeden Fall geben soll. „Gerne auch schon im Herbst“, wie es zumindest aus dem Publikum hieß. Bis dahin könnte ich mir als Quasi-Frankfurter die Wartezeit in einer Diabetes-Gruppe verkürzen, die mit sehr großem Abstand den wohl besten Namen trägt: Die Frankfurter Süßgespritzen.

Nach der Veranstaltung stellte mein Bruder mir die Frage, ob ich jetzt loopen würde. Auch wenn mich die Technik dahinter total interessiert und ich in einer Runde mit den Entwicklern einer Open-Source-Variante (AAPS) über Vor- und Nachteile diskutieren durfte: Ich bin noch nicht soweit, eine Pumpe zu tragen. Aber das war nach der Veranstaltung auch nebensächlich. Viel mehr nehme ich die positiven Aspekte mit, mich mit Gleichgesinnten ausgetauscht zu haben.

2 Antworten auf „Zwischen Erfahrungsaustausch und Technikbegeisterung: Mein Tag auf dem Diabetes-Barcamp 2024

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  1. Hi Christian, musste gerade schmunzeln, denn auch ich hatte eine Katze mit Diabetes, die ich mit meinen Teststreifen getestet habe 😁
    Aber sag gerne Bescheid, vielleicht kann ich das nächste mal mitkommen, wohne auch nur eine knappe Stunde von Frankfurt entfernt.

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    1. Das ist ja lustig mit der Katze. Und klar, würde mich freuen, dich dort zu treffen. Am 10.04. ist in Frankfurt auch ein kleiner Stammtisch. Da überlege ich auch ggf. hinzugehen.

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