Es klingt wie der Titel einer Illustrierten, die mit einfachen Texten und Halbwahrheiten den Kunden zum Kauf der Zeitschrift animieren möchte. Ich entschuldige mich daher direkt für diese „billige“ Überschrift und die Aufmerksamkeitshascherei. Aber mir begegnet das Gerücht immer wieder, dass Diabetiker durch Insulin erst richtig zunehmen und mich interessiert, ob da etwas dran sein kann.
Zunächst muss man dafür verstehen, wofür Insulin überhaupt in unserem Körper gebraucht wird. Insulin übernimmt wahrlich eine Schlüsselrolle im Organismus. Es sorgt dafür, dass die Glukose (Zucker) aus dem Blut in die Körperzellen gelangen kann, die gerade Energie benötigen. Es öffnet quasi die Pforten in diese Zellen. Nicht immer wird die gesamte potenzielle Energie im Blut gebraucht. Das Insulin hat für diese Fälle auch den passenden Schlüssel, um den Muskel- oder Leberspeicher in Form von Glykogen aufzufüllen und damit ebenfalls den Blutzucker wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Später, falls der Körper wieder mehr Energie benötigt, kann der natürliche Gegenspieler von Insulin, das Hormon Glukagon, den Speicher wieder räumen und Zucker in die Umlaufbahn bringen.
Insulin hat aber auch die Fähigkeit überschüssige Kohlenhydrate als Fette zu speichern. Es ist dann quasi die eiserne Reserve, wenn sonst kaum verwertbare Energie im Körper ist. Insulin hemmt sogar den unnötigen Abbau von Fettgewebe. Das klingt schlecht, verhindert aber, dass zu viele Fette den Körper übersäuern, was so zu einer Ketoazidose führen könnte. Insulin macht also hier nur seinen Job. Es verwertet das, was in den Körper kommt. Isst man zu viel, können eben auch fettarme, aber kohlenhydratreiche Essen als Fett abgespeichert werden. Verantwortlich dafür ist das Insulin, Schuld ist aber der, der zu viel gegessen hat.
Warum nehmen dann manche Diabetiker zwei bis vier Kilogramm zu, wenn sie mit der Insulintherapie beginnen und sich überwiegend gesund ernähren? Auch mein Gewicht reduzierte sich vor der Diagnose erst um 10kg und hat sich mittlerweile wieder um 4kg erhöht.
Zum Zeitpunkt der Diagnose hat der Körper sehr viel Wasser gelassen, um überschüssige Zuckermengen nach draußen zu spülen. Durch Insulin reguliert sich dann nicht nur der Zucker-, sondern auch der Wasserhaushalt. Er steigt wieder auf normale Werte an und sorgt so für das ein oder andere Kilo mehr auf der Waage.
Hohe Blutzuckerwerte hatten auch den zweifelhaften Vorteil, nicht nur gerade aufgenommene Kohlenhydrate, sondern auch Kalorien direkt wieder herauszuspülen, bevor sie im Körper verwertet werden konnten. Ein gesunder Organismus zieht also wieder mehr Energie aus dem Essen, was ebenfalls zu mehr Kilos führen könnte.
Wer zu viel Insulin spritzt, sorgt für eine Unterzuckerung. Der Körper ist dann in Alarmbereitschaft und schaltet den Appetitmodus an. Meistens entgegnet man niedrigen Werten dann mit einfachen, schnellen Zuckern. Man isst in dieser Situation ggf. mehr ungesunde Snacks als nötig, was sich ebenfalls auf der Waage auswirken kann.
Insulin ist also keineswegs Schuld an zu vielen Kilos. Es ist immer die Ernährung, die dabei die Schlüsselrolle spielt. Auf Insulin zu verzichten, um abzunehmen oder schlank zu bleiben, ist daher eine denkbar schlechte Idee.
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