Was kostet Diabetes?

Gerade in den letzten Wochen habe ich mich mit den Kosten einer Diabetes-Behandlung auseinander gesetzt, denn der ein oder andere Bekannte war verwundert, was nur ein einzelner Sensor kostet, den ich alle zwei Wochen auswechseln muss. Glücklicherweise zahlt die Krankenkasse den Bärenanteil. Ich muss lediglich die Zuzahlungen übernehmen, die sich absolut in Grenzen halten.

In anderen Ländern ist das ganz anders. Etwa 100 Millionen Menschen sind weltweit auf Insulin angewiesen. Leider hat nur etwa die Hälfte die finanziellen Möglichkeiten, sich die lebensnotwendige Arznei in ausreichenden Mengen zu besorgen. Besonders überrascht hier die USA. Etwa jeder Vierte rationiert sich das Insulin, um die hohen Kosten unter Kontrolle zu halten. Allerdings ist das ein gefährlicher Drahtseilakt. Bei den Recherchen stößt man hier immer wieder auf den Namen Alec Smith. Der Amerikaner war Typ-1-Diabetiker und fiel mit 26 Jahren aus der Krankenversicherung seiner Mutter. Er musste plötzlich die gesamte Summe für seine Behandlung alleine stemmen und die belief sich auf geschätzte 1.300 USD im Monat. Auch eine private Versicherung (etwa 450 USD im Monat) hätte wegen der hohen Selbstbeteiligung keine Erleichterung gebracht. Alec versuchte also sich das Insulin zu sparen. Kurz vor seinem nächsten Gehaltsscheck, nach nicht mal einem Monat starb er an einer Ketoazidose.

Würde ich mir in Deutschland das Insulin auf eigene Rechnung bestellen, müsste ich bei meinem Bedarf etwa 15€ (1 Pen) pro Monat für Bolusinsulin ausgeben. Der Basalinsulin-Pen würde etwa 23€ kosten. Wenn ich weiterhin die Nadeln einmalig verwende, kämen weitere 32€ im Monat auf mich zu.

Etwas teurer ist das Testen des Blutzuckerspiegels. Piekst man sich mehrfach am Tag in den Finger, kostet das etwa 0,70€ pro Pieks. Entsprechend kämen bei regelmäßiger Kontrolle Kosten von etwa 5€ am Tag zusammen und damit ca. 150€ im Monat. Ein kontinuierliches Messgerät ersetzt hier nicht nur das blutige Messen, sondern mindert sogar überraschend die Kosten. Jeder Sensor kostet in der Privatanschaffung 60€ und damit 120€ im Monat.

Die monatlichen Kosten beliefen sich daher bei mir auf etwas unter 200€ im Monat, wenn ich dafür komplett selbst aufkommen müsste (und bei der Recherche bei Online-Apotheken keinen Fehler gemacht habe). Das ist bestimmt nicht günstig, aber hätte Alec Smith sicherlich am Leben gehalten. Also warum ist das Insulin in den USA so teuer?

Die USA lebt den Kapitalismus. Es werden keine Preise reguliert. Die Hersteller können also selbst die Höhe des Arzneimittelpreises festlegen. Allerdings gibt es mit Lilly, Novo Nordisk und Sanofi nur wenige große Insulinhersteller, die den Markt unter sich aufteilen. Der Preiskampf ist entsprechend gering. Zwischen 2012 und 2016 scheint sich der Insulinpreis verdoppelt zu haben. In den letzten 20 Jahren stieg der Preis pro Ampulle von 21 USD auf mehr als 275 USD und damit auf das 13-fache an.

Besonders bitter ist, dass das Insulin von einem Kanadier und einem Amerikaner entdeckt bzw. marktreif gemacht wurde. Sie verkauften das Patent für einen symbolischen Dollar, damit möglichst schnell vielen geholfen werden kann. Gerade in ihrem Heimat- bzw. Nachbarland scheint das so gar nicht berücksichtigt zu werden.

Die Organisation T1Internation kämpft für weltweit mehr Gerechtigkeit und den Zugang zu erschwinglichem Insulin. Ihre Vision ist: „We believe in a world where everyone with type 1 diabetes – no matter where they live – has everything they need to survive and achieve their dreams.“

Es zeigt wie unglaublich froh man sein kann, in Deutschland geboren zu sein. Während die Diagnose woanders auf der Welt alleine aus Kostengründen ein Todesurteil sein kann, bewegen sich die Kosten mit einer entsprechenden Krankenkasse hierzulande im Bereich eines Netflix-Abos.

Photo by Marek Studzinski on Unsplash

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