Alkohol ist nicht gerade der beste Freund eines Diabetikers. Während die Leber bei größeren Mengen damit beschäftigt ist, den Pegel wieder auf 0 zu bringen, kann sie sich nicht mehr um die Freigabe der Zuckerreserven kümmern. Wenn der Alkohol- und Insulinpegel hoch ist, wird die nächtliche Unterzuckerung zur echten Gefahr. Als Bierliebhaber war das im wahrsten Sinne des Wortes eine ernüchternde Erkenntnis. Sind alkoholfreie Biere aber eine Alternative?
Alkoholfreie Biere haben nicht immer den besten Ruf. Ein leckeres Bier ohne Alkohol herzustellen ist herausfordernd, denn der Alkohol sorgt nicht nur für den Rausch, sondern spielt auch als Geschmacksträger eine wichtige Rolle. Wie immer im Leben „kommt es also darauf an“: die Brauart ist entscheidend.
Bei der herkömmlichen Herangehensweise wird der Gärprozess frühzeitig gestoppt. Schon nach einem Tag wird der Sud auf 0 Grad herabgekühlt. Die wärmeliebende Hefe hat nicht genügend Zeit, den Zucker zu Alkohol zu verarbeiten. Allerdings entstehen so auch nur wenige biertypische Aromen und das Produkt schmeckt entsprechend süßer. Eine Verbesserung ist die gedrosselte Gärung. Hier wird der gesamte Gärprozess herabgekühlt. Die Hefe braucht so mehr Zeit und es entwickeln sich die typischen Bieraromen. Auch hier wird die Hefe gestoppt, bevor sie mehr als 0,5% Alkohol produziert hat. Alkoholfreie Biere, deren Gärung unterbrochen wird, sind demnach weniger gut für Diabetiker geeignet. Sie haben viele Kohlenhydrate und einen hohen glykämischen Index, so dass der Blutzuckerspiegel schnell und hoch ansteigt.
Bei der modernen Variante wird dem Bier nach dem Gärprozess der Alkohol entzogen. Es konnten sich alle Bieraromen entwickeln und der Zucker verarbeitet werden. Allerdings ist der Alkoholentzug auch in der Brauerei sehr schwierig. Entweder man filtert das Bräu durch Membranen, die nur Wasser und Alkohol durchlassen und füllt das Konzentrat später wieder mit Wasser auf oder man destilliert den Alkohol heraus. Würde man den Alkohol aber bei normalem Luftdruck destillieren, gingen die gerade gewonnenen Aromastoffe direkt wieder verloren. Mit Hilfe eines Vakuums kann zwar der biertypische Geschmack erhalten werden, aber die Kohlensäure entweicht. Da das deutsche Reinheitsgebot auch für alkoholfreies Bier zu gelten scheint, darf keine externe Kohlensäure hinzugeführt werden, denn es gehören ja nur Hopfen, Malz, Hefe und Wasser hinein. Die Brauer fanden auch hierfür eine Lösung. Sie waschen die bei der Gärung überschüssige Kohlensäure und führen sie nachträglich wieder hinzu.
Letztendlich ist es für einen Diabetiker nur sekundär, welche Braumethode verwendet wurde, denn er muss nur auf die resultierenden Kohlenhydrate schauen. Da die aber leider nicht immer auf der Flasche stehen oder es einem zu blöd ist, im Getränkemarkt jede Flasche zu inspizieren, habe ich angefangen, meine Erkenntnisse zu dokumentieren. Ich werde auf diesem Blog auch einen dauerhaften Menüeintrag etablieren, so dass ich die Tabelle stetig für euch und vor allem für mich erweitere.
An der folgenden Tabelle sieht man schon deutlich, dass sich das Vergleichen bei alkoholfreien Bieren besonders lohnt. Man kann für dieselbe Insulinmenge dreimal mehr Jever Fun trinken als Bitburger 0,0%.
Alkoholfreies Bier
Bier | KE pro 500ml | Quelle |
---|---|---|
Jever Fun | 1,1 KE | jever.de |
Sanwald Sport Weizen alkoholfrei | 1,4 KE | fatsecret.de |
BrewDog Nanny State | 1,5 KE | craftbeer-shop |
BrewDog Punk IPA alkoholfrei | 1,5 KE | craftbeer-shop |
Licher Isotonisch alkoholfrei | 1,6 KE | fatsecret.de |
Glaabsbräu Pilsener alkoholfrei | 1,7 KE | fddb.info |
Licher Weizen alkoholfrei | 2,4 KE | fatsecret.de |
Erdinger Weizen alkoholfrei | 2,7 KE | fatsecret.de |
Clausthaler alkoholfrei | 2,7 KE | foodplaner.de |
BRLO Naked alkoholfrei | 2,9 KE | craftbeer-shop |
Schlappeseppel Weissbier alkoholfrei | 3,1 KE | fddb.info |
überNormalNull IPA alkoholfrei | 3,4 KE | craftbeer-shop |
Bitburger Pils 0,0% alkoholfrei | 3,9 KE | fatsecret.de |
Zum Vergleich habe ich hier nochmal gängige Biere mit Alkohol aufgelistet. Es fällt auf, dass sie erwartungsgemäß im Schnitt weniger Kohlenhydrate haben. Untergärige Biere wie das Pils haben weniger als obergärige Biere wie ein Weizen oder Helles.
Alkoholhaltiges Bier
Bier | KE pro 500ml | Quelle |
---|---|---|
Maisels EDELHOPFEN EXTRA | 0,3 KE | edelhopfen.de |
Bitburger Premium Pils | 1,3 KE | fatsecret.de |
Radeberger Pilsener | 1,6 KE | fatsecret.de |
Flensburger Pilsener | 1,8 KE | fatsecret.de |
Gaffel Kölsch | 2,0 KE | fatsecret.de |
Augustiner Helles | 2,5 KE | fatsecret.de |
Bei alkoholischen Bieren sollte man aber nicht zwingend auf die Kohlenhydrate schauen und diese auch nicht voll bei der Insulinmenge berücksichtigen. Im Fall der Fälle kann es gut sein, dass noch ein paar Kohlenhydrat-Reserven im Körper sind, falls die Leber ausfällt. Gut gemeinte Diabetiker-Biere sind daher nicht immer gut für Diabetiker und schmecken wahrscheinlich noch nicht mal.
Brauverfahren:
- https://dinkelacker-bierblog.de/alkoholfreies-bier/
- https://www.beerwulf.com/de-de/artikel-uber-craft-bier/alkoholfreies-bier
Photo by Helena Lopes on Unsplash
Alkoholfreies Bier meide ich komplett. Bei der Herstellung von Alkoholfreiem Bier zu Zucker vergoren, der den Blutzucker rasant steigen läßt. Habe ich einmal ungeplant ausprobiert und einen BZ-Anstieg auf 300mg/mmol bekommen, der dann mit 6 IE runtergespritzt wurde. Diese Erfahrung haben auch schon andere Diabetiker gemacht:
https://insulinclub.de/index.php?thread/32105-wirkung-eines-bier-nach-brauereiverfahren-berechnen/&postID=553996&highlight=Alkoholfreies%2BBier#post553996
https://www.forum.diabetesinfo.de/forum/index.php/topic,14097.msg370957.html#msg370957 … runterscrollen, bis der Abschnitt kommt, der mit Ü-BRIGENS :kreisch: beginnt.
Ich empfehle, mach einen Selbstversuch und verfolge das Ansteigen der BZ-Werte 30 Minuten danach… wird lehrreich sein. Der einmalige Anstieg wird keine gesundheitlich negative Folgen haben, da nur länger wirksame hohe BZ-Werte schädlich sind. Deswegen ist auch der Messwert nachts vor dem Schlafengehen am wichtigsten für eine gute Diabeteseinstellung.
Normales Bier, wie Helles, Pils und Weißbier vertrage ich problemlos, da der KH-Gehalt überschaubar ist. Alkohol bremst etwas den BZ-anstieg, sodaß ich ein oder zwei Biere von mir problemlos trinken kann.
Grüße
Rüdiger
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Hallo Rüdiger,
danke für das Teilen deiner Erfahrungen, aber eins muss ich korrigieren. Du schreibst „Bei der Herstellung von Alkoholfreiem Bier zu Zucker vergoren“. Entweder ist es so, dass die Umwandlung von Zucker zu Alkohol unterbrochen wird (und das meinst du wahrscheinlich) oder der Alkohol nachträglich entzogen wird. Im letzten Fall ist der Zucker entsprechend weniger und besser verträglich.
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P.S. So muß es richtig heißen: … Bei der Herstellung von Alkoholfreiem Bier wird Alkohol zu Zucker vergoren…
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Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel.
Ich habe zwar kein Diabetes, sondern möchte zum Endspurt meiner Schwangerschaft auf Lebensmittel mit hohem glykämischen Index verzichten. Mir war unklar ob ich auf 0,0 Bier verzichten muss.
Habe noch einen Kasten Schmucker Bio 0,0 aus dem Odenwald zuhause. Enthält 11,g Kohlenhydrate auf 500 ml -> 1,2 KE Vielleicht ist das auch ein guter Tipp für Diabetiker 🙂
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Hallo Anne, wie schön zu lesen, dass dir mein Blog etwas bringt. Ich werde dann wohl mal das Schmucker ausprobieren. Danke dafür!
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