Als Diabetiker und zucker-im-tank-Blogger ist man in seinem Freundeskreis automatisch der Experte für Zucker. Vor Kurzem wurde ich daher unabhängig von zwei Personen gefragt, was denn eigentlich der Unterschied zwischen Fructose und Glucose sei. Gibt es gute oder böse Zucker? Und gibt es für uns Diabetiker dabei einen Unterschied?
Ich muss zugeben, dass ich das nicht beantworten konnte und die Recherche dafür echt lange gebraucht hat, so dass ich meinen Wochenrhythmus nicht halten konnte. Sowohl Fructose als auch Glucose haben die Summenformel C6H12O6. Eine Gesundheits-Instagramerin sagte daher, dass es dem Körper egal sei, wo der Zucker herkommt. Solange die Bestandteile gleich sind, sei die Konsequenz die gleiche. Aber warum unterscheidet man dann überhaupt zwischen Fructose und Glucose. Das hat mir keine Ruhe gelassen und ich bin in die Untiefen der Zucker-Theorie abgestiegen.
Zur Erinnerung: Je nachdem aus wie vielen Zucker-Bestandteilen der Zucker besteht, spricht man von
- Einfachzucker (Monosaccharide),
- Zweifachzucker (Disaccharide) oder
- Mehrfachzucker (Polysaccharide).
Sowohl Fructose als auch Glucose zählen neben der Galactose zu den wichtigsten Vertretern der Einfachzucker. Sie liefern Energie und unterstützen den Zellaufbau. Es gibt aber noch sehr viel mehr Einfachzucker, wie z.B. die Mannose, Ribose, Talose oder Gulose. Begriffe, die auf „ose“ enden, stehen daher unter Generalverdacht, der Zuckerfamilie anzugehören. Auch wenn ein Matrose zuckersüß sein kann, trifft es auf ihn ausnahmsweise aber nicht zu. Um die Vielzahl an Zuckern überblicken zu können, gibt es verschiedene Untergruppen. Zum Beispiel werden sie anhand der Kohlenstoff-Atome kategorisiert. Jene Zucker, die sechs Kohlenstoffatome haben werden als Hexosen bezeichnet. Fructose und Glucose sind mit C6H12O6 also beide den Hexosen zugeordnet, womit aber immer noch kein Unterschied auszumachen ist.
Das ändert sich allerdings, wenn man sich die nächste Art der Kategorisierung betrachtet. Sowohl bei der Fructose, als auch bei der Glucose sind die Atome nicht kreisförmig angeordnet, so dass man untersuchen kann, an welcher Stelle sich das doppelt-gebundene Sauerstoff-Atom (O) befindet. Bei der Glucose ist es am Ende der Kette. Sie wird daher als Aldose bezeichnet. Bei der Fructose ist das O-Atom mitten in der Kette. Es handelt sich daher um eine Ketose. Ketosen leiten sich zwar aus demselben Wortstamm wie Ketone ab, ich denke aber nicht, dass der unter Diabetikern gefürchtete positive Keton-Test in irgendeinem Zusammenhang mit zu viel Obst stehen könnte.
Ein greifbarerer Unterschied ist da der Glykämische Index. Er bestimmt, wie schnell und stark der Blutzuckerspiegel nach der Zunahme eines kohlenhydrathaltigen Lebensmittels ansteigt. Der Referenzwert dafür ist mit 100 (wie passend) Glucose, denn sie geht unmittelbar in die Blutbahn und lässt den Blutzuckerwert schnell ansteigen. Ähnlich schnell ist z.B. weißer Reis mit 87 oder Weißbrot mit 73. Eher langsam sind z.B. Linsen mit 30. Reine Fructose steht bei 22. Sie ist also deutlich langsamer im Blut als die fast baugleiche Glucose. Zudem ist die kostengünstige Fructose fast doppelt so süß im Geschmack.
Diese Eigenschaften und das damit verbundene, vermeintlich gute Image macht sich die Industrie zu eigen und süßt seit den 1970er mehr und mehr mit Fructose. Allerdings verursacht (zu viel) Fructose Krankheiten wie Gicht oder die Insulinresistenz steigert sich und Typ-2-Diabetes wird begünstigt. Auch die Leber kann in Mitleidenschaften gezogen werden. Diese wandelt zwar große Teile der Fructose zu Glucose um, aber nicht alles. Es entstehen noch eine Handvoll weitere Stoffe. Anders als bei Glucose kann bei großen Mengen an Fructose wohl eine Fettleber wie bei Alkoholkranken entstehen. Fructose kann nicht gespeichert werden und der Überschuss wird von der Leber in Fett umgewandelt. Auch wenn das noch nicht zu Ende erforscht ist, sollte uns das alarmieren.
Was heißt das jetzt für unseren Obstkonsum? Wir sollten vor allem übliche Mengen essen. In der Regel können wir nicht so viel festes Obst auf einmal essen, dass es uns gefährlich werden könnte und Obst enthält immer noch genügend gute Nährstoffe und Vitamine für die es sich lohnt, die Fructose „in Kauf zu nehmen“. Problematisch wird es nur, wenn wir das ganze flüssig als Saft oder Smoothie zu uns nehmen. In einem Smoothie ist in der Endabrechnung genauso viel Zucker wie in einer Cola.
Viel schöner als ich kann das aber Mai Thi Nguyen-Kim erklären:
Spannend ist auch die Tatsache, dass die als Haushaltszucker bekannte Saccharose zu gleichen Teilen aus Glucose und Fructose besteht. Ihr Glykämischer Index liegt mit 68 demnach auch etwa im Durchschnitt beider Vertreter. Zu den Zweifachzuckern gehören außerdem bekannte Vertreter wie der Milchzucker (Lactose), der sich aus Glucose und Galactose zusammensetzt und der Malzzucker (Maltose) bestehend aus zwei unterschiedlichen Glucosen. Finden sich mehr als zwei Glucosen zusammen, landet man beim Mehrfachzucker Stärke. Dass Mehrfachzucker nicht mehr unbedingt süß sind, merkt man spätestens bei Cellulose, die in Pflanzen oder entsprechend Holz vorkommt. Im Gegensatz zu manchem Tier fehlen uns Menschen die Enzyme, um daraus wieder etwas süßlich Verwertbares zu kreieren. Das ist ein Grund, warum wir eher selten auf einem Stück Holz kauen.
Am Ende ist es fast egal, welchen Zucker wir zu uns nehmen, um unser Gehirn am laufen zu halten: Zuviel Zucker ist immer schlecht. Unterschiede zwischen Fructose und Glucose gibt es aber dennoch zu Hauf.
Quellen
- https://www.youtube.com/watch?v=yVIgtzhtf0Y
- https://www.youtube.com/watch?v=C_O_nHfHmoE
- https://www.tk.de/techniker/magazin/ernaehrung/essen-und-wissen/glykaemischer-index-2031936
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2013/daz-25-2013/gefaehrliche-fructose
- https://www.mylife.de/gesunde-ernaehrung/kohlenhydrate/fructose/
- https://www.healthline.com/nutrition/sucrose-glucose-fructose#absorption-and-use
Ganz früher wurde Diabetikern zu Fruchtzucker geraten, wegen der langsameren Umwandlung im Körper. Davon ist man seit Jahren abgekommen, weil Fruchtzucker eher in ins Bauchfell als Fett eingelagert wird als Saccharose dem Haushaltszucker. Deswegen gibt es auch so gut wie keine Diabetiker-Marmelade mehr im Handel, sondern ich verwende normale Marmelade.
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